Die gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Diese gehören zu den Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Sie können sich auf das Elterngrundrecht ebenso wie die rechtlichen Eltern des Kindes berufen. Das hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in einem Urteil vom 9. April 2024 entschieden.
Der Beschwerdeführer ist leiblicher Vater eines 2020 nichtehelich geborenen Kindes. Er führte eine Beziehung mit der Mutter des Kindes und lebte auch mit ihr in einem Haushalt. Nach der Trennung der Mutter von dem Beschwerdeführer hatte dieser weiterhin Umgang mit seinem Kind. Die Mutter ging eine neue Beziehung ein. Nachdem der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte, erkannte der neue Partner der Mutter die Vaterschaft für das Kind mit ihrer Zustimmung an und ist so dessen rechtlicher Vater geworden.
Die Vaterschaftsanfechtung des Beschwerdeführers scheiterte an der inzwischen bestehenden sozial-familiären Beziehung des neuen Partners der Mutter und rechtlichen Vaters zu dem Kind. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Elternrechts. Ihm als leiblicher Vater sei es unmöglich, die rechtliche Vaterschaft für das Kind zu erlangen.
Das Elterngrundrecht bedarf einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber, entschied das Bundesverfassungsgericht. Der Gesetzgeber kann dabei — abweichend vom bisherigen Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) — die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater vorsehen. Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, muss zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden. Letzterem genügt das bisherige Recht vor allem deshalb nicht, weil es nicht erlaubt, eine bestehende oder vormalige sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater sowie dessen bisherige Bemühungen um die rechtliche Vaterschaft zu berücksichtigen.
Die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung in § 1600 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BGB über die Vaterschaftsanfechtung bleibt bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 30. Juni 2025, in Kraft.