Aus der Zusammenarbeit im Landesarbeitsforum Aktive Vaterrolle hat sich eine Veranstaltungsreihe mit Fachgesprächen zu Problemen und Chancen für die Ansprache von Vätern in Beratung und Familienbildung entwickelt. Unter dem Titel "Wie geht es weiter für Väter und Familien nach der Corona-Pandemie?" diskutieren Fachleute aus Politik und Praxis über Fragestellungen, die sich aus unterschiedlichen Aspekten der Väterarbeit ergeben. Die Online-Fachgespräche werden vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung gefördert. Gleichberechtigung und Vernetzung e.V. organisiert und begleitet die Veranstaltungsreihe. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Themen der Veranstaltungsreihe im Jahr 2021/2022:
Handlungsempfehlungen des 9. Familienberichts
Die Handlungsempfehlungen des 9. Familienberichts standen beim ersten Online-Fachgespräch am 14. Dezmber 2021 im Mittelpunkt. Auf Einladung des Niedersächsischen Landesarbeitsforums "Aktive Vaterrolle" stellte Lisa Sommer, Referentin im Zukunftsforum Familie (ZFF), zentrale Anliegen des Berichts vor. www.zukunftsforum-familie.de
Digitale Angebote ausbauen und entwickeln
Kann die Entwicklung digitaler Angebote eine Chance für die Väterarbeit sein? Welche Chancen ergeben sich daraus für die Beteiligung von Vätern an der Familienbildung und -beratung? Wie können digitale Angebote ansprechend und kreativ gestaltet werden? Wie kann ein geschützter Rahmen geschaffen werden, in dem (werdende) Väter mit Angeboten der Familienbildung gut und dauerhaft erreicht werden? Diese Fragen standen beim zweiten Online-Fachgespräch am 15. Februar 2022 im Mittelpunkt. Nora Becher, Evangelische Erwachsenenbildung Niedersachsen, und Axel Hengst, mannigfaltig e.V., berichteten von ihren Erfahrungen mit der Konzeption und Durchführung von digitalen Angeboten zur Familienbildung und Väterberatung. Wichtige Tipps hat Nora Becher in einem Handout für die Durchführung von Online-Angeboten zusammengefasst.
Wertschätzung für sorgende Väter stärken
Carsten Vonnoh, Systemischer Familienberater und Buchautor, berichtete im dritten Online-Fachgespräch am 12. April 2022 über seine Erfahrungen aus der Projekt- und Beratungsarbeit. Der Referent gab spannende Einblicke in seine Arbeit und beschrieb die Empfindungen von Männern, die am liebsten perfekte Väter, Partner und Arbeitnehmer zugleich sein wollen - und unter diesem Druck leiden. Sie möchten die Rolle des sorgenden Vaters ausfüllen, haben jedoch oft in ihren eigenen Vätern keine Vorbilder dafür gefunden. Mehr zu Carsten Vonnoh unter www.vaterverantwortung.de.
Unternehmen auf dem Weg zu besserer Vereinbarkeit für Väter
In Unternehmen ist ein Kulturwandel hin zu väterorientierter Personalpolitik spürbar. Das wurde im vierten Online-Fachgespräch am 14. Juni 2022 deutlich. Prof. Dr. Jens Dingemann, geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Kinderchirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), ist seit 2020 auch Väterbeauftragter des Unternehmens. Vom selbstverständlichen "Ich bin dann mal in Väterzeit!" bis zur Frage "Wie erkläre ich das bloß meinem Vorgesetzten?" reichen die Gesprächsthemen in seiner Beratungsarbeit als Ansprechpartner für (werdende) Väter. Jens Dingemann ist es dabei wichtig, diejenigen zu stärken, die sich eine partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit wünschen. Mit dem Väterbeauftragten als Ansprechperson fühlen sich Männer mit diesem Anliegen besser wahrgenommen und können sich auch für Gleichstellungsthemen eher öffnen, so seine Beobachtung. Mehr zum Projekt unter www.mhh.de/gleichstellung/vaeterbeauftragter
Vätergesundheit schützen
Wie können Väter auf Gesundheitsthemen angesprochen und für ein gesundheitsförderndes Verhalten sensibilisiert werden? Dass es auf die richtige Ansprache ankommt, zeigte das fünfte Fachgespräch am 16. August 2022. Martin Schumacher und Lennart Semmler, Fachreferenten der Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen (LVG & AfS Nds. e.V.), berichteten von ihren Erfahrungen aus dem Modellprojekt "Mann, was geht?!" zur Stärkung individueller Gesundheitsressourcen von Männern. Die Erfahrung: Mit dem direkten Etikett "Gesundheitsthema" werden Männer eher nicht erreicht. Als sekundäre Thematik ist es aber durchaus von Interesse. Dabei geht es um das Wie der Ansprache: Einfache, positive Botschaften, die den Lebensweltbezug von Männern aufgreifen, kommen gut an. Gesundheitsthemen, die Männer und (werdende) Väter betreffen, sind unter anderem Bewegungsmangel und Übergewicht, Essverhalten, Süchte und psychischer Stress durch Überforderung. Gern angenomen werden gemeinsame sportliche Aktivitäten von Vätern und Kindern, die gleichzeitig die Vater-Kind-Bindung stärken. Sportlich kann auch eine Challenge für Väter in der internen Unternehmenskommunikation sein, die gegenseitiges Empowerment bewirken (zum Beispiel: Sieben Tage ohne Cola). Für Projektideen ins Boot geholt werden könnten beispielsweise Ärztinnen und Ärzte, Unternehmen, Krankenkassen und auch Familienbildungsstätten oder Anbieter von Familienbildungsurlauben. Informationen zum Projekt und Best-Practice-Beispiele unter www.mann-was-geht.de/toolbox-fuer-gesundheit
Väter mit Migrationserfahrung besser erreichen
Beim sechsten Online-Fachgespräch am 11. Oktober 2022 standen Väter mit Migrationserfahrung im Mittelpunkt. Sie finden eher selten den Weg in Angebote der Familienbildung und -beratung und haben wenig Kontakt zu den Bildungseinrichtungen Kita und Schule. Wie können sie besser im Sinne einer Erziehungspartnerschaft erreicht werden? Inna Senn, Koordinatorin der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen (afmn e.V.) berichtete als Referentin von ihren Erfahrungen aus der Arbeit des MigrantenElternNetzwerks Niedersachsen. Väter mit Migrationserfahrungen im direkten Kontakt zu erreichen, ist schwierig. Darin waren sich die Teilnehmenden einig. Informationsveranstaltungen und regelmäßige Kursangebote nehmen überwiegend Mütter wahr. Väter sind allerdings bereit in Situationen einzugreifen, die sie als konfliktbeladen wahrnehmen, so die Erfahrung. Bei allen Angeboten ist die Mehrsprachigkeit ein wichtiger Aspekt. Online-Angebote haben den Vorteil, dass im Chat auch Übersetzungen möglich sind. Auf die Arbeitszeiten von Vätern sollte außerdem in der Planung Rücksicht genommen werden. Von Informationsmaterial (Text, Bild und Grafik) sollten sich Väter genauso angesprochen fühlen wie Mütter. Interesse haben Väter an eher informellen Angeboten mit gemeinsamen Aktivitäten oder Feiern, so die Erfahrung. Auch die indirekte Ansprache über andere Netzwerke, wie Familienbegleiterinnen, Imame oder andere Vertrauenspersonen, ist sinnvoll. Mehr zum MigrantenElternNetzwerk unter www.men-nds.de
Väter und Armutsgefährdung
Beim siebten Online-Fachgespräch stand am 13. Dezember 2022 das Thema "Väter und Armutsgefährdung" im Mittelpunkt. Britta Kreuzer, Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V., stellte den Escape Room "Findet das Ding von Dani" zu Lebenslagen von Familien in Armut vor. Was bedeutet es für Väter, wenn sie und ihre Familie akut oder dauerhaft von Armut bedroht sind? Das Konzept des Escape Rooms berücksichtigt die Vielfalt an Dimensionen von Armut und bindet ensprechende Indikatoren mit ein. Gesucht wird etwas "Wertvolles". Was kann das sein für Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen? Neben der Spiel- und Rätselherausforderung trägt vor allem die anschließende Reflexion der Bezüge, Gedanken und Erfahrungen zur Sensibilisierung der Mitspielenden bei. Der besondere Blick auf Väter in Armutslagen steht nicht ausdrücklich im Mittelpunkt des Spiels. In der Reflexion oder durch die Zusammensetzung der Gruppen von Mitspielenden können jedoch eigene Schwerpunkte entwickelt werden. "Findet das Ding von Dani" wird mit Begleitung von ausgebildeten Trainerinnen und Trainern gespielt. Eingesetzt werden kann es zum Beispiel in Kitas, bei Bildungsträgern, Freiwilligendiensten oder Trägereinrichtungen. Zum Spielen eingeladen sind Fachkräfte und auch interessierte Eltern.
Der Raum wurde gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung und gemeinsam vom nifbe (Niedersächsisches Institut für Frühkindliche Bildung), der LAG Soziale Brennpunkte Niedersachsen e.V. und der AEWB entwickelt.
Interessierte Einrichtungen können sich an Britta Kreuzer wenden: britta.kreuzer@lag-nds.de