Welche Veränderungen und Umbrüche haben Väter in der Corona-Krisensituation erlebt? Diese Frage hat das Niedersächsische Landesarbeitsforum "Aktive Vaterrolle" bei der Online-Fachtagung "Väter und Familien in der Corona-Krise. Herausforderungen und Chancen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf" am 14. April 2021 in den Blick genommen. In Impulsvorträgen und Info-Sessions wurden die Auswirkungen der Krisensituation auf Väter und Familien untersucht.
Der Fachtag stieß auf große Resonanz bei Fachkräften aus den Bereichen Beratung, Familienservice und Gleichstellungsarbeit. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Moderiert wurde die Online-Tagung von Silke Gardlo, Vorstandsvorsitzende von Gleichberechtigung und Vernetzung e.V. und Mitglied im Landesarbeitsforum "Aktive Vaterrolle".
Dirk Schröder, Abteilungsleiter im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, hob in seiner Begrüßung hervor, dass in der insgesamt angespannten Situation für Familien der Blick auf die Situation von Vätern bedeutsam für die Entwicklung weiterer politischer Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben ist.
Auf einige wichtige Aspekte machte Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer im Bundesforum Männer e.V., Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Deutschland, dann in seinem Impulsvortrag aufmerksam. So lagen für Väter auch vor der Corona-Pandemie Wunsch und Wirklichkeit beim Thema Vereinbarkeit schon weit auseinander: Ein großer Teil der Väter wünscht sich eine partnerschaftliche Aufgabenteilung, realisieren kann dies jedoch nur etwa jeder fünfte Vater.
Dass Arbeitszeitverkürzung ein wichtiger Hebel ist, zeigt sich auch während der Corona-Pandemie: Väter in Kurzarbeit übernehmen einen deutlich größeren Anteil an Erziehung und familiären Aufgaben als Väter ohne veränderte Arbeitszeiten. Die Frage, ob Berufstätigkeit für Väter eher Entlastung oder Stressfaktor in der Krise ist, bleibt dabei bisher unbeantwortet. Etwa die Hälfte der Väter gibt in Befragungen eine hohe psychische Gesamtbelastung an, bei alleinerziehenden Müttern und Vätern ist sie noch einmal deutlich höher.
Interessant ist auch ein Blick auf die unterschiedliche Selbstwahrnehmung von Müttern und Vätern bei der Frage "Wer übernimmt die Kinderbetreuung während der Pandemie?": Väter nehmen hier wesentlich seltener die Mutter als alleinverantwortlich für die Kinderbetreuung wahr als die Mütter selbst dies tun. Abschließend wies Dr. Schölper darauf hin, dass die gleichstellungspolitische Diskussion um "systemrelevante" Care-Berufe die Gefahr einer Abwertung oder Nicht-Wahrnehmung des Beitrages berge, den Väter in der Krisensituation für die Familien leisten.
Auf landespolitischer Ebene werden Schwerpunkte in unterschiedlichen Handlungsfeldern des Themas "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" gesetzt, die Katja Taranczewski, Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, in ihrem Vortrag benannte. Dazu gehören die Handlungsfelder Kinderbetreuung, Unternehmenskommunikation, Vereinbarkeit im öffentlichen Dienst, pflegende Angehörige, Alleinerziehende und Gleichstellung in der Digitalisierung.
Um eine gleichmäßigere Verteilung der Erwerbsarbeit zu erreichen, müsse weiter an der besseren Bezahlung von Care-Berufen gearbeitet werden, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Unternehmen sollten beim Thema Vereinbarkeit stärker in die Pflicht genommen werden, etwa durch die Schaffung vollzeitnaher Teilzeitstellen und die Möglichkeit zum Homeoffice für Väter und Mütter auch in Führungspositionen. Außerdem stehe die Finanzierung von Hebammenleistungen auch für Väter durch die Krankenkassen auf der politischen Agenda.
Im zweiten Teil des Fachtages standen in Workshops drei Themen im Fokus:
- Brigitte Dinkelaker stellte das DGB-Projekt "Vereinbarkeit von Familie & Beruf gestalten" vor unter dem Titel "Junge Väter im Betrieb stark machen?!" und lud zum Erfahrungs- und Ideenaustausch ein zu der Frage wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der betrieblichen Praxis für alle möglich werden kann.
- Prof. Dr. Andreas Eickhorst, Hochschule Hannover, Landesarbeitsforum "Aktive Vaterrolle", betrachtete mögliche Auswirkungen der Krise auf die Vater-Kind-Bindung aus psychologischer Sicht.
- Werner Oenning, Männer- und Väterberater SKM-Osnabrück, berichtete aus der Beratungspraxis im Workshop "Erziehungspartnerschaft auf die Probe gestellt - Konflikte aus Vätersicht". Was hat sich für in Partnerschaft lebende Väter verändert, wie sieht es bei getrennt erziehenden Vätern aus? Welche Unterstützung wird gebraucht?
Im Abschlussplenum dankten Christel Wolf, AEWB, Landesarbeitsforum "Aktive Vaterrolle" und Andreas Böer, Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, noch einmal allen Teilnehmenden für ihr Interesse. Aus dem lebendigen Austausch ergaben sich viele positive Anregungen, die nun im Landesarbeitsforum "Aktive Vaterrolle" aufgegriffen und weiterentwickelt werden können.